Gracias - Danke

...Gustavo, Vanessa und Josefa, dass ihr mich am Anfang so herzlich  aufgenommen und geholfen habt. Es war wirklich leicht für mich, mich in die chilenische Kultur einzuleben. 

...Angelica, dass du mir jeden Tag etwas Leckeres gekocht und meine Wäsche gewaschen und gebügelt hast und dabei immer meintest, es gerne zu machen.

...Tito, dass ich mit dir ernste und lange Gespräche führen und auf der anderen Seite total rumalbern und lachen konnte, meist ganz spät abends bei der täglichen "Mitternachtssuppe".

...Pablo, Bernarda und Camila. Leider haben wir uns nicht so viel gesehen, aber wenn wir zusammen waren, war es immer sehr familiär und lustig.

...meinen Freunden. Ihr habt mir besonders am Anfang mit viel Geduld Spanisch beigebracht und habt euch gleichzeitig über meinen Akzent total lustig gemacht. Ihr habt euch immer Zeit für mich genommen und unsere Treffen oder spontanen Ausflüge waren immer total schön.

...den Lehrern des "liceo Gabriela Mistral". Für Sie war es ja auch eine ganz neue Erfahrung, eine Austauschschülerin aufzunehmen. Ich habe wirklich eine sehr schöne Zeit in Ihrer Schule verlebt. 


...meinen Lehrern Frau Ahlers und Herrn Müller. Danke, dass Sie mich in der Idee, ins Ausland zu gehen, immer unterstützt und bekräftigt haben. Die intensiven, hilfreichen und sehr informativen Gespräche haben mir sehr geholfen!

...natürlich der Austauschorganisation AFS, die mich und meine Familie zu Hause immer sicher durch das Jahr geführt hat. Dank der Camps konnte ich Austauschschüler aus der ganzen Welt kennen lernen und habe mich immer gut aufgehoben gefühlt.

...allen fleißigen Postkartenschreibern. Ich habe mich über jede einzelne Postkarte sehr gefreut. Es war immer ein toller und besonderer Tag, wenn ich aus der Schule kam und wieder eine Postkarte zu Hause erhalten habe.

...allen Lesern meines Blogs. Inzwischen sind es über 12 700 Aufrufe!

...allen (Schul)Freunden hier in Deutschland. Ich habe euch im letzten Jahr sicherlich sehr vernachlässigt. Ich war einfach mit mir und meinem Auslandsjahr beschäftigt. Danke für euer Verständnis dafür.

...allen, die in dieser Zeit an mich gedacht haben.

...meiner lieben Schwester Johanna, für die dieses Jahr der Trennung kein leichtes Jahr war. Ich weiß, dass du mich sehr vermisst hast und auch, dass du nie nach deiner Meinung zu dem Auslandsjahr gefragt wurdest.

...meiner Familie, meinen Eltern. Ihr habt mir dieses Auslandsjahr erst ermöglicht und ward immer rund um die Uhr für mich da. Besonders in den schwierigen Phasen habt ihr mich aufgebaut.

Meine letzten Tage in Chile und die Rückkehr in die Heimat

"Wenn ein Reisender nach Hause zurückkehrt, soll er nicht die Bräuche seiner Heimat eintauschen gegen die des fremden Landes. Nur einige Blumen, von dem was er in der Ferne gelernt hat, soll er in die Gewohnheiten seines eigenen Landes einpflanzen." 

(Francis Bacon)


Schon seit dem ersten Tag meines Auslandsjahres hat mir vor der Vorstellung des Abschiedes gegraut. Bereits der Gedanke an den wirklich "letzten Tag" in Chile hat mir oft die Tränen in die Augen steigen lassen und ein unruhiges Gefühl begann sofort in mir aufzusteigen.
Und auf einmal war genau dieser Tag da, mein letzter Tag in Puerto Natales, einer Kleinstadt, am Ende der Welt, die in dem Jahr so etwas wie meine zweite Heimat geworden ist. Es war der letzte Tag, an dem ich meine Gastfamilie und Freunde zum letzten Mal für vielleicht lange, lange Zeit sehen würde und ich musste gehen, mit dem Zweifel, jemals wieder nach Chile zurückkehren zu können.
Ich war durcheinander und traurig, meine Koffer standen gepackt im Flur und meine Gastoma stand mit Tränen in den Augen im Türrahmen meines Zimmers. Zum letzten Mal habe ich mein Bett dort gemacht, für das ich immer mindestens fünf Minuten gebraucht habe, weil es aus unzähligen Decken besteht und man jede Decke abziehen und neu auflegen und glattstreichen muss.
In mir drin war auf einmal eine Leere, ich konnte nicht glauben, dass die Zeit so schnell vergangen ist. Wie im Flug ist das Jahr für mich rumgegangen und irgendwie machte mir das Angst.
Ich ging durch das Haus, in jedes Zimmer und musterte alle Gegenstände, Wände und Türen, damit ich sie immer und überall in Erinnerung hervorrufen konnte.
Ich konnte mich noch ganz genau an meine Ankunft erinnern, an die Flughafenszene als ich in Punta Arenas ankam und ich zum ersten Mal meine Gastfamilie gesehen habe. Als ich dann zum ersten Mal nach Hause kam und meine Gastoma zur Begrüßung ein Deutschland-T-Shirt trug und extra für mich empanadas, die berühmten chilenischen fritierten und gefüllten Teigtaschen gemacht hat. Als ich am nächsten Morgen aufstand und nur meine Gastoma im Haus war und wir uns mit Händen und Füßen verständigt hatten, weil ich noch kein Spanisch konnte. An den ersten Schultag, vor dem ich sehr aufgeregt war und am Ende so gut aufgenommen wurde. An die erste Schulgala, vor der wir noch im Wohnzimmer bei uns Fotos geschossen hatten. An die vielen xbox-Abende, an denen wir getanzt, gesungen und gespielt haben. An den Tisch, an dem wir immer viele viele Mahlzeiten zusammen eingenommen haben, an den Kühlschrannk, an dem nun Ansichtskarten aus Deutschland hingen, an den Wohnzimmersessel, hinter den meine Gastschwester immer ihre Spielzeuge versteckt, wenn sie eigentlich aufräumen sollte... Ich hatte so viele Erinnerungen an das Haus und an jeden einzelnen Raum.
Ich lies das Jahr in meinem Kopf Revue passieren und insgesamt kann ich schon sagen, dass ich eine sehr schöne Zeit in Chile gehabt habe. Eine Zeit, die allerdings auch mit Höhen und Tiefen verbunden war. Besonders im zweiten Halbjahr. Am Anfang habe ich alles eigentlich total toll empfunden, es war halt alles anders als in Deutschland und aufregend. Es gab viel Neues zu entdecken für mich. Ich habe mich auch nie alleine gefühlt, meine Gastfamilie hat mir sehr geholfen und wollte immer, dass es mir gut ging. In der Schule habe ich auch schnell Anschluss gefunden und ich habe mich nie einsam gefühlt. Nach genau drei Monaten hatte ich dann das erste Mal Heimweh gehabt, aber auch da wurde ich schnell abgelenkt durch meine Gastfamilie. Dann folgte bald darauf schon Weihnachten und ich habe ein vollkommen anderes Weihnachtsfest in Chile erlebt. Wir waren fast 15 Personen in unserem kleinen Haus, es war also unglaublich laut und chaotisch und das Fest hatte nichts Gemütliches oder Ruhiges an sich, was ich sehr vermisst habe. Weihnachten hat mir nicht so gut gefallen und ich freue mich auch schon sehr wieder auf die deutschen Weihnachten hier.
Dann sind wir Anfang Januar drei Tage lang mit dem Auto durch Argentinien gefahren, um nach Talca in den Sommerurlaub zu fahren. Einen kompletten Monat habe ich dann wortwörtlich dort vergammelt und gechillt. Ich habe leider nur sehr wenig unternommen und im Nachhinein ärgert mich das auch sehr. Danach waren wir dann noch einige Tage in Puerto Montt bei tia Mireya und dort habe ich wirklich viel gesehen  und der Urlaub war schön. Mitte Februar sind wir dann wieder nach Natales zurück gekehrt und dann bin ich fast täglich mit meinen Freunden rausgegangen, zum Spazieren oder Fahrrad fahren. Das Wetter war gut, nicht soo kalt und auch fast windstill und so etwas muss man in Natales einfach ausnutzen!!
In der Zeit haben dann auch meine Gasteltern ihre Unterrichtsstunden für das kommende Schuljahr zugewiesen bekommen und erschreckenderweise bekam mein Gastvater nur sehr wenige Stunden. Für die Familie war das ein Schock, schließlich war Gustavo immer der Hauptverdiener gewesen und Vanessa und er hatten eigentlich seit einem halben Jahr Pläne geschmiedet, im nächsten Jahr ein Haus für ihre kleine Familie zu bauen. Dann hat Vanessa aber spontan einen Job in einer anderen Schule angeboten bekommen, als "orientadora". Diesen Beruf gibt es in deutschen Schulen gar nicht. Als "orientadora" war Vanessa dann soetwas wie Vertrauenlehrerin und Schulpsychologin und hat gleichzeitig auch immer nach dem Rechten gesehen in der Schule, dass alle Schüler ihre Schuluniform trugen und dass alles aufgeräumt dort war. Sie bekam ein eigenes Büro. Nun arbeitet sie auch immer sehr viel länger als früher und kommt meistens erst sehr spät abends nach Hause.


In genau dieser Zeit hat sich dann vieles verändert. Zuerst spürte ich es nur und konnte nicht direkt sagen, was anders geworden war. Ich merkte sehr wohl, dass wir nichts mehr gemeinsam unternahmen. Ich saß einige Wochenenden allein zu Hause und durfte aber auch nicht mit meinen Freunden abends ausgehen. Die gingen ja nun seit dem neuen Schuljahr in die Disco und die war für mich absolutes Tabu. Es hätte mich vielleicht nicht so sehr gestört, wenn wir gemeinsam etwas unternommen hätten, aber Gustavo und Vanessa unternahmen nichts oder nur etwas getrennt voneinander. Nie mehr etwas mit mir - seitdem das neue Schuljahr angefangen hatte, also seit Anfang März! Es störte mich schon sehr, aber ich war in dieser Situation absolut machtlos. Ich fing an, deutsches Fernsehen zu schauen und habe mich so vielleich unbewusst schon ein kleines Bisschen auf Deutschland vorbereitet. Nicht, dass ich das wollte! Aber im Nachhinein war es wohl schon so. Und  dann kam der Tag, an dem mich Gustavo morgens zur Schule fuhr und mir berichtete, dass Vanessa und er sich trennen würden. Wann genau, wussten sie beide noch nicht, er musste auch erst einmal eine neue Bleibe finden. Ich war geschockt, hatte aber irgendwie schon damit gerechnet. Nur nicht so schnell. Ich habe 2 Tage gebraucht, um mit dieser Information zurecht zu kommen. Mir war sofort klar, dass ich dieses chilenische Zuhause so nie wieder vorfinden würde - wann auch immer ich Chile wieder besuchen würde. Klar würde sich einiges ändern, aber das war doch eine sehr krasse Sitiuation. Ich habe mich in der kommenden verbleibenden Zeit dann sehr auf meine Schulfreunde konzentriert und mit ihnen noch mehr unternommen, eben, so viel wie nur möglich. Erzählen durfte ich niemenden etwas, das hatte ich hoch und heilig versprechen müssen, da ja beide Gasteltern Lehrer sind und um ihren guten Ruf sehr besorgt sind - bis auf meiner Familie in Deutschland natürlich, deren Beistand ich auch ganz dringend brauchte. Aber wirklich viel konnten sie mir ja auch nicht helfen. Dafür waren sie einfach zu weit weg und kannten ja auch die näheren Umstände nicht so im Detail.

Wie schwer mir diese Situation zu schaffen gemacht hat, habe ich erst im Nachhinein reflektieren können. Ich habe das ganze Auslandsjahr mich darauf gefreut, eine Wüstentour in den Norden Chiles zu machen. Aber sie wurde nicht sofort von AFS angeboten. Erst Anfang/Mitte Mai erfuhr ich, dass die Tour stattfindet - und zwar zwei Wochen, bevor ich nach Deutschland zurückkehren sollte. Ich habe mich zunächst sofort schriftlich angemeldet. Aber dann habe ich erst fünf Tage, bevor die Tour losging, nähere Informationen dazu erhalten. Total spontan und ganz kurz vorher - typisch chilenisch natürlich. Das bedeutete für mich, ich musste einen Zusatzflug nach Santiago selbst buchen und würde dann alleine auch dorthin fliegen. Und als ich das begriff, wollte ich die Tour auf keinen Fall mehr machen. Ich wollte nicht weg von Natales, wo alles gerade zerbrach und die Stimmung zu Hause entsetzlich war. Die Situation mit Vanessa und Gustavo war inzwischen soweit eskaliert, dass mir beide ihre Hilfe versagten. Ich bin ihnen nicht böse deswegen, sie waren einfach so so sehr mit sich beschäftigt. Aber ich KONNTE allein diesen Flug nicht buchen. Ich brauchte dafür einen Drucker und jemanden, der mit seiner Kreditkarte diesen Flug online bezahlte. Meine Kreditkarte funktionierte dafür nicht. Meine Gastgroßeltern waren mir in dieser Situation auch keine Hilfe, sie waren einfach nur dafür da, sich um mein Wohlbefinden zu kümmern. Darauf belief es sich. Ich bekam gerade in dieser schwierigen Zeit ein besonders intensives Verhältnis zu ihnen und sie und meine kleine Gastschwester waren auch der Grund, warum ich nicht die Familie gewechselt habe. Mein Onkel Pablo holte gerade seine neue Frau Bernarda und ihre Tochter Camila aus Kolumbien ab. Ich habe dann meinen AFS-Betreuer Carlos gebeten mir zu helfen und die Tour abzusagen. Aber er war nicht sofort erreichbar und entweder MUSSTE die Tour storniert oder der Flug MUSSTE gebucht werden. Es war Wochenende und die Zeit lief mir davon! Ich habe dann die AFS-Notfall-Telefonnummer angerufen. Ich glaube 12 mal!!! Es meldete sich auch dort nicht sofort jemand. Aber dann, nach einer gefühlten Ewigkeit (es war aber vlt. eine 1/2 Stunde) bekam ich einen Rückruf! Ich bekam Hilfe vom AFS-Chile-Leiter Juan-Carlos persönlich. Er beruhigte mich und teilte mir aber mit, dass eine Stornierung der Fahrt für mich so kurz vorher nicht mehr möglich sei. Ich würde dann auf meinen Kosten sitzen bleiben. Aber er half mir doch irgendwie, sagte, ich solle schon einen Tag früher anreisen aufgrund der Wetterlage. Es schneite und es war Glatteis im Süden Patagoniens, weswegen die Flugzeuge oft Verspätungen hatten. Ich brach kurzfristig noch mehr in Panik aus. Wir hatten Samstagabend und er meinte, ich solle schon am Montag anreisen! Keine Ahnung, ob er mit meinem Betreuer Carlos Kontakt aufnahm, aber Carlos meldete sich dann auch noch bei mir und wir verabredeteten uns für den späten Abend. Früher hatte er leider keine Zeit. Um Erlaubnis habe ich dafür nicht mehr gefragt. Ich habe meine Gasteltern nur darüber informiert, dass ich sooo spät abends noch einmal wegginge. Ich hatte in dieser gesamten Zeit Dauerkontakt mit meinen Eltern in Deutschland. Auch sie versuchten, mich zu beruhigen und mir gut zuzureden. Es war Pfingsten in Deutschland und sie waren gerade übers Wochenende verreist. Ich glaube, ich habe ihnen das Wochenendde ganz schön vermasselt. Das tut mir leid! Lo siento!!! Nachts um 12 Uhr habe ich dann endlich diesen Flug mit Carlos Hilfe und mit den Kreditkartendaten meines Vaters aus Deutschland gebucht! Es war eine ganz und gar furchtbare Nacht, aber als dieser Flug dann endlich gebucht war, wurde ich ruhiger und fing an, mich doch langsam auf diese Fahrt zu freuen. Übrigens habe ich an dem gleichen Abend noch Carlos endlich ALLES über die Situation zu Hause erzählt. Er hat sich schon so etwas gedacht und selbst gemerkt, dass bei uns zu Hause etwas nicht stimmte. Aber auf seine zwischenzeitlichen Fragen hatte ich immer beteuert, alles sei prima. Ich hatte ja mein Ehrenwort gegeben zu schweigen. Außerdem habe ich mich ja nicht ganz unwohl zu Hause gefühlt, dank meiner herzlichen Gastgroßeltern Tito und Angelica, die meine Anwesenheit besonders in dieser Zeit, glaube ich sehr brauchten - als Unterstützung und Ablenkung. Carlos meinte nur, er hätte an meiner Stelle genau so gehandelt, aber es sei sehr gut, dass ich endlich mein Schweigen gebrochen hätte. Er bot mir auch sofort an, die Familie noch so kurz vor meiner Abreise zu wechseln, aber das kam für mich auf gar keinen Fall in Frage!!! Niemals!!! Noch in der gleichen Nacht packte ich meinen Koffer - darin war ich ja jetzt wirklich schon sehr geübt und begann, mich endlich auf die Tour zu freuen. Es wurde auch wirklich Zeit dafür! Am darauf folgenden Tag war Gustavo tagsüber nicht zu Hause und Vanessa packte mit einer weinenden Angelica alle Sachen von Gustavo in die Koffer. Es war entsetzlich und da merkte ich, dass es gut war weg zu  gehen, zu verreisen, etwas Abstand zu bekommen,...raus aus diesem angespannten Klima, hin zu einer einmaligen Wüstentour, die ich in meinem Leben nicht mehr vergessen werde. Es tat mir in der Seele weh, Angelica so weinen zu sehen. Sie schien am meisten unter der Situation zu leiden.


Ich habe dies alles aufgeschrieben, weil es ein wichtiger Teil meines Auslandsjahres ist. Ich brauchte Zeit, diese Gedanken aus der Distanz zuzulassen. Und ich habe begriffen, dass es Teil des Lebens ist, wenn Familien auseinander gehen. Ich war Zuschauer und konnte nichts dagegen tun. Aber ich habe für mich und mein Leben gelernt, dass man für seine Familie kämpfen muss und sie nicht einfach so "wegwirft". Ich kenne keine Gründe für die Trennung - und würde sie hier auch niemals veröffentlichen. Aber mir ging das alles viel zu schnell. Und das ist es, was mich traurig, wütend und sehr nachdenklich gemacht hat. Ich hoffe, ich werde daraus lernen!

Nach meiner Wüstentour hatte ich noch genau 10 Tage in Natales. Als ich zurückkehrte, war Pablo mit seiner Bernarda und ihrer 3jährigen Tochter Camila da. Das war ein Segen für mich! Die glückliche Bernarda war in der gleichen Situation wie ich und ich kannte sie ja bereits von Weihnachten her. Sie hat eine erfrischend-offene Art und die tat mir gut. Gustavo war ausgezogen, aber ich sah ihn täglich noch in der Schule. Er war ja mein Klassenlehrer und holte mich jeden Morgen mit dem Auto ab. Er wirkte auf mich sogar sehr viel befreiter als vor meiner Reise. Das war beruhigend. Ich ging zur Schule, zum Sport, zur BigBand und traf mich die letzten Male mit meinen Freunden. Und dann war der letzte Tag da. Es war der 2. Juli 2014. Morgens um 8.30 h brachten mich Gustavo und einige Freunde dann mit dem Auto zum drei Stunden entfernten Flughafen nach Punta Arenas. Mein Flug hatte allerdings vier Stunden Verspätung, so dass wir noch in die Stadt gehen und einen letzten Ausflug zusammen unternehmen konnten. Der Abschied dann war wirklich schrecklich und sehr tränenreich. Zum Glück bin ich nicht alleine in die Hauptstadt geflogen, Tabea aus Kiel ist mit mir geflogen. Ihr ging es ähnlich wie mir und auf dem Flug bauten wir uns jeweils gegenseitig auf.

In Santiago haben wir dann noch eine Nacht verbracht, zusammen mit den 9 anderen deutschen Austauschschülern, die mit uns nach Hause fliegen würden. Am nächsten Morgen brachen wir zum Flughafen auf, doch leider hatten wir eine Flugverspätung von elf Stunden. Die Zeit haben wir dann im Flughafen verbracht und bekamen kostenlos Essen. Der von mir so gefürchtete 14-Stunden Flug ging dann schnell um, da ich fast den ganzen Flug verschlafen habe.
In Madrid angekommen, war es unglaublich warm und alle Leute liefen in leichten Sommersachen rum, nur wir Austauschschüler trugen noch unsere Winterjacken.
Mein Anschlussflug ging dann nach Düsseldorf und dort konnte ich meine Familie nach 11 Monaten und 4 Tagen zum ersten Mal wieder in die Arme schließen. Ein bisschen merkwürdig war es schon, denn meine Schwester ist ein großes Stück gewachsen und benutzt neuerdings auch Parfum, was ich ganz ungewöhnlich fand. Aber ansonsten war fast alles beim alten.
Und auch, wenn ich das ganze Jahr über nicht viel Heimweh gehabt hatte, war ich doch froh, wieder zurück in der Heimat zu sein.















Inzwischen habe ich erfahren, dass auch Vanessa und Josefa ausgezogen sind.

Überraschungs-Party und erste Abschiede

Gut eine Woche vor meinem Rückflug nach Deutschland haben wir von unserem AFS-Komitee Puerto Natales aus eine kleine Abschiedfeier veranstaltet, auf die nicht nur die Austauschschüler, sondern auch die Gastfamilien eingeladen waren. Jeder hatte ein paar Snacks zum Knabbern dabei und wir unterhielten uns über das Jahr, über verschiedene Erlebnisse und Erfahrungen und dann hatte unser Komitee-Präsident Maxi, der vor ein paar Jahren in Italien zum  Austausch war, einen kleinen Film mit vielen Fotos vorbereitet.
Schließlich wurde jeder von uns einzeln verabschiedet, wir bekamen eine Teilnahmeurkunde und ein Komitee-T-Shirt dazu geschenkt. Es waren die ersten Abschiede, die ich erfahren musste und es war merkwürdig, diese Menschen zu umarmen, mit dem Zweifel, sie nie mehr wiedersehen zu können. Alles in allem war unser AFS-Komitee ganz in Ordnung gewesen. Wir haben uns manchmal getroffen und geredet und hatten insgesamt viele Pläne, was wir machen konnten. Zum Beispiel wollten wir mal für mehrere Tage nach Torres del Paine fahren, mit Pferden durch die Landschaft Patagoniens reiten oder Canopy ausprobieren. Am Ende haben wir nicht einen einzigen Ausflug zusammen gemacht, was sehr sehr schade war.
Hier ein paar Fotos von der Abschiedsfeier:

Gruppenfoto!
neben mir von rechts nach links stehen:
Christina (USA); Enelsa (Mutter von Maxi und Priscila);
Aim (Thailand); Carlos (mein Betreuer);  Dion (Dänemark);
Maxi (ein Jahr Italien) und seine Schwester Priscila
(ein Jahr USA)


mit Chirstina und Aim und den Komitee-T-Shirts

Maxi war ein Jahr in Italien und ist jetzt
Vorsitzender unseres kleinen AFS-Komitees
Puerto Natales

 
Dieser junge Mann (leider weiß ich seinen Namen
nicht mehr, ist kurz nach unserer Ankunft in Natales
vor einem Jahr nach Italien zum Schüleraustausch
gegangen. Damals war er noch ein kleiner Junge und
war ziemlich pummelig. So sieht er heute aus!
Fast hätte ich ihn nicht wiedererkannt, als
er als Überraschungsgast auf die
Abschiedsfeier kam und von seinen Erfahrungen
und Erlebnissen in Italien berichtete.

mit Priscila (am Mikro), Maxi und Dion mit
den Urkunden

mit Aim und Christina

auch meine Gasteltern haben eine
Urkunde bekommen.

Wir saßen noch alle ganz gemütlich zusammen, als auf einmal die Tür aufgerissen wurde und meine Freundin Camila weinend hineingestürzt kam. Sie war völlig aufgelöst und ihr standen die  Tränen in ihren stark geröteten Augen. Sie lief gleich auf mich zu, zog mich am Arm und berichtete mir stotternt, dass Chuki, eine andere gute Freundin, auf der Straße einfach zusammengebrochen sei, nun im Krankenhaus liegen und einfach nicht aufwachen würde. Ich hielt das erst für einen Scherz doch Camila liefen wirklich die Tränen über die Wangen und ihre Augen waren vor Sorge weit aufgerissen. Noch mal zog sie mich am Arm und forderte mich auf, mit ins Krankenhaus zu kommen. Ich war hin- und hergerissen. Ich konnte doch jetzt nicht einfach die Abschiedsfeier von AFS so Hals über Kopf verlassen! Auf der anderen Seite wollte ich unbedingt auch zu Chuki und sehen, wie es ihr ging! Ich war vollkommen nervös und hilflos sah ich die anderen an. Die meinten dann seufzend, ich könnte ruhig gehen. Ich stand also auf und hatte ein schlechtes Gewissen wegen der AFS-Feier, doch auch Christinas Familie war schon gegangen, von daher würde die Party eh bald um sein.
Draußen stand auch noch Monse, die Hände vors Gesicht geschlagen. Camila weinte immer noch und ich versuchte, die beiden zu beruhigen, alles würde schon gut werden. Gustavo fuhr uns dann zum Krankenhaus. Er hielt vor dem Eingang an, doch keiner stieg aus. Ich saß auf der Rückbank in der Mitte von Monse und Camila und wollte eigentlich nur schnell aussteigen und zu Chuki... Doch die beiden rührten sich nicht. Ich war richtig aufgeregt und machte mir Sorgen und dachte mir auch nichts weiter dabei, als Monse mich dann bat, meine Brille kurz abzunehmen. Ich tat also was sie sagte und noch im gleichen Augenblick verband mir Camila die Augen mit einem Schal. Ich konnte also nichts mehr sehen uns zu allem Überfluss wurden mir auch noch Kopfhörer aufgesetzt und laute Musik abgespielt. Ich merkte, dass Gustavo das Auto wieder gestartet hatte und weiterfuhr. Ich weiß gar nicht mehr genau wie lange wir gefahren sind. 15 Minuten? 20? Oder doch eine halbe Stunde? Es kam mir wie eine kleine Ewigkeit vor und das Lied, dass zur Ablenkung aus den Kopfhörern dudelte, lief in Endlosschleife rauf und runter.
Irgendwann hielt Gustavo dann an und ich wurde am Arm aus dem Auto gezogen. Ich wurde an beiden Armen eingehakt. Ich denke, dass es Monse und Camila waren, ich sah ja leider nichts und konnte auch nicht schnell laufen, da ich den Weg mit den Füßen erst ertasten musste. Schließlich blieben meine Begleiter stehen und mir wurde der Schal abgenommen.
Vor meinen Augen standen ungefähr ca, 40 Personen, die alle gemeinsam laut "Überraschung!" riefen. Leute aus meiner Klasse, Freunde vom Volleyball und ALLE Austauschschüler, die eben noch auf der Abschiedsfeier von AFS dabei waren! Das heißt, sie haben alle davon gewusst und mir kein Sterbenswörtchen verraten! Chuki war die Erste, die mich umarmte. Glücklicherweise ist sie weder gestürzt noch ist sie im Krankenhaus gewesen.
Zusammen haben wir dann die ganze Nacht bis um 6 h morgens gefeiert, gelacht und getanzt und gegrillt. Es war eine wirklich coole und lustige Nacht und eine gelungende Überraschungsparty!

mit Carla und ein paar Jungs aus meiner Klasse

mit Carla, die auch in meine Klasse geht

Mit Chuki und Sebastian.

mit Zarza. Wir haben zusammen Volleyball gespielt


Ab in die Wüste!

Die Welt ist ein Buch, von dem man nur die erste Seite gelesen hat, wenn man nur sein Land gesehen hat.

(Fougeret de Moubron, 1706 - 1760)


 Montag, 9. Juni - Freitag, 20. Juni 2014

Kurz vor meiner Rückreise nach Deutschland habe ich mit 27 weiteren Austauschschülern meiner Organisation eine Tour durch den Norden Chiles gemacht. Über eine Woche waren wir unterwegs und sind mit dem Bus quer durch die Atacamawüste gereist. Für mich ging es aufgrund der schlechten Wetterverhältnisse hier im Süden sicherheitshalber schon einen Tag früher los, damit ich auf jeden Fall pünktlich zum Reisebeginn in Santiago war, denn wir haben hier bereits Glatteis und Schnee ist auch schon gefallen. Ich nahm als Einzige aus Patagonien an der Tour teil. Also musste ich wieder mal mit dem Bus nach Punta Arenas, dort übernachtete ich bei der Komiteeleiterin Pilar, und von dort am nächsten Morgen vier Stunden nach Santiago fliegen. In Santiago habe ich dann eine weitere Nacht bei einer jungen Betreuerin von AFS verbracht. Sie war ein Jahr in Japan und studiert japanische und englische Übersetzungen im vorletzten Semester.
Am Morgen bin ich sogar mit ihr erst zur Uni gegangen. Es war ganz interessant, aber viel verstanden habe ich nicht. Nur, dass man sich wirklich über jedes einzelne Wort Gedanken machen und übersetzen muss. Gegen Nachmittag hab ich mich dann mit den anderen Tourteilnehmern getroffen und nach einer kurzen Einführung sind wir dann alle in den Bus gestiegen, der uns 8 Tage lang mehr als 3.000 km kreuz und quer durch den Norden Chiles fahren würde.
Ein paar Leute kannte ich bereits von den AFS-Camps in Puerto Montt und Valdivia und habe sogar ein paar Austauschschüler wiedergetroffen, die ich vor knapp 1 Jahr auf dem Arrival-Camp in Santiago kennen gelernt hatte.


La Serena

Unser erstes Reiseziel war La Serena. Die Stadt liegt circa 6 Autostunden nördlich von Santiago. Doch aufgrund des starken, untypischen Regens und den dadurch entstehenden Staus auf den Straßen haben wir knapp 9 Stunden gebraucht und kamen erst gegen 2 h morgens in La Serena an. Dort wollten wir alle nur noch ins Hotel und schlafen, doch kaum hatten wir unser kleines Ferienhaus betreten, erwartete uns schon die nächste Überraschung: Durch das Dach, das den starken Regen nicht gewohnt war, tropfte Wasser und nicht nur der ganze Fußboden war nun feucht, sondern auch die Betten - jedenfalls zunächst erst mal die oberen Etagenbetten, während der Nacht dann leider auch die unteren. Ich schlief glücklicherweise in einem unteren Bett! Strom gab es auch nicht und im Dunkeln tasteten wir uns mühsam - unsere Handys als Taschenlampe nutzend - durchs Haus. Trotz aller Umstände schlief ich gut in der Nacht und am nächsten Morgen hatten wir sogar wieder warmes Wasser, so dass ich duschen gehen konnte. Als ich aus dem Bad kam, fragten mich meine Mitbewohnerinnen ganz aufgeregt, ob ich das temblor ("Erderütteln", "Mini-Erdbeben") auch gespürt hätte. Ich hatte das temblor natürlich nicht gespürt, ich stand ausgerechnet in dem Moment unter der Dusche! Ein Glück!

Den Vormittag haben wir dann genutzt, um uns ein bisschen Coquimbo anzuschauen, eine Stadt, die genau neben La Serena liegt. Das Wahrzeichen der Stadt ist ein riesiges Kreuz, das vor ca. 100 Jahren dort erbaut wurde. Man kann sogar hineingehen und oben hat man einen wirklich tollen Blick auf die Stadt, auf den Pazifik und auf die Anden.




Blick auf den Pazifik


Blick auf Coquimbo und die Anden im Hintergrund




Mit Valentina aus Österreich, Nina aus Finnland,
Maria aus Dänemark und Till aus Deutschland






Unten im Kreuz war auch eine kleine Kapelle eingebaut.
Überall standen auch nachgebaute Jesusstatuen.








Danach sind wir dann zum Mittagessen gefahren und da wir alle ja keinen Strom in der Nacht hatten, haben alle 30 Personen wie verrückt Steckdosen für die Handys gesucht. Zum Glück waren die Restaurantbesitzer sehr hilfsbereit, so dass ich mein Handy zum Beispiel in der Küche aufgeladen habe.
Danach ging es dann weitere 5 Stunden mit dem Bus nach Copiapó, dort wo 2010 die 33 Bergarbeiter verschüttet gewesen waren. Leider haben wir uns nicht die Stadt angeschaut, sondern sind nur ganz kurz zum Abendessen dort geblieben. Die Nacht haben wir im Bus verbracht, wir sind insgesamt 11 Stunden weiter nördlich bis nach Calama gefahren. Es war wirklich sehr unbequem im Bus zu schlafen. Nach dem Frühstück in Calama sind wir dann zu der "Geisterstadt" Chuquicamata gefahren. Dort befindet sich der weltweit größte Kupfertagebau der Welt. In Chuquicamata darf heute niemand mehr leben. Die Regierung hat vor ein paar Jahren beschlossen, dass es einfach zu gefährlich und gesundheitsschädlich ist, Menschen so nah an der Mine leben zu lassen. Die Mine zu besichtigen war dann sehr spannend. Überall standen Lagerhallen und große Maschinen und Gerüste herum, die Luft war unglaublich staubig und alles war mit einer dicken Dreckschicht überzogen. Eigentlich machte das ganze Minengelände eher einen ärmlichen Eindruck auf mich, alles wirkte so triste und braun. Doch der Kupferabbau dient mit als wichtigstes Exportmittel Chiles, weil Chile damit natürlich sehr viel Geld verdient.






Die Anden am Abend


mit Kensuke und Alice aus Japan, Kaew aus Thailand und
Lara aus Deutschland


Gruppenfoto


im Bus auf dem Weg zur Mine..
der trockenste Ort der Welt: die Atacama-Wüste


auf dem Weg von Caldera nach Chuquicamata:
nur braune, trockene Landschaft




Ein paar Häuser stehen noch von der heutigen Geisterstadt
Chuquicamata, in der heute keiner mehr leben darf


Der größte Kupfertagebau der Welt!
Leider war es so staubig, dass man kaum etwas sehen konnte


zum Schutz mussten wir Helme und orangefarbene
Sicherheitswesten tragen


Die Fabrik, in der das Kupfergestein dann verarbeitet wurde









San Pedro de Atacama

Von Chuquicamata war es dann auch nicht mehr weit bis San Pedro de Atacama, das Highlight unserer Reise. Der kleine Ort liegt mitten in der Atacamawüste und hat ca. 2.500 Einwohner und damit fast genauso viele Touristen. Die meisten Häuser des Örtchens sind aus Erde gebaut oder aus Kalk, so dass die ganze Stadt fast ausschließlich braun und weiß ist. Wir sind für 3 Nächte dort geblieben und es tat sooo gut, wieder ein eigenes, trockenes Bett zu haben!
Überall im Ort gibt es artesania zu kaufen, also handgefertigte Souvenirs, es gibt viele Restaurants und an fast jeder Ecke spielt eine kleine Musikgruppe folklorische Musik.
Am nächsten Morgen sind wir dann alle mit dem Fahrrad aufgebrochen und haben uns auf den Weg nach Valle de la Muerte ("Tal des Todes") gemacht. Dort wollten wir dann Sandboard ausprobieren. Der Weg dorthin war hügelig und steinig, aber aufregend war es schon. Valle de la Muerte ist eine Art riesiger Sandberg, und von oben kann man dann mit seinem Sandboard hinunter fahren. Sandboarden ist so ähnlich wie Snowboarden, nur halt im Sand.


Das Zentrum San Pedro de Atacama




Unsere Ferienwohnung in San Pedro de Atacama.
Dort habe ich mit vier anderen Mädchen zusammen gewohnt.




Diese Fahne ist die Flagge der Ureinwohner Chiles, wie uns
erklärt wurde. Und im Norden Chiles gibt es viele
Nachfahren

Gruppenfoto auf einem Felsen auf dem Weg zum
Sandboarding



Ausblicke auf dem Weg zu "Valle de la Muerte", wo wir
Sandboarding ausprobieren würden








In "Valle de la Muerte" (Tal des Todes) angekommen


Beim Sandboarding




Danach sind wir wieder mit dem Fahrrad zum Hotel zurückgefahren zum Mittagessen. Auf riesigen Fernsehern wurden immer die Länderspiele der Weltmeisterschaft angezeigt.
Den Nachmittag durften wir dann in San Pedro verbringen und wir hatten Zeit, noch Souvenirs und kleine Andenken zu kaufen oder sind einfach nur durch den kleinen Ort geschlendert. Am frühen Abend sind wir dann nach Valle de la Luna (Tal des Mondes) gefahren. Dort kann man nicht nur wunderschöne Sonnenuntergänge bewundern, sondern auch sehen, wie die Anden beim Untergang der Sonne ihre Farben verändern.
Das war wirklich ein ganz außergewöhnliches Naturschauspiel. Zuerst waren die Anden braun, dann rot, schließlich orange und sind dann von leicht rosa über lila bis schließlich dunkelblau gewechselt.
So etwas habe ich wirklich noch nie gesehen! Es war toll!!!


























Am nächsten Vormittag haben wir uns dann auf den Weg in die Lagune Chaxa gemacht. Dort konnten wir ein paar Flamingos beobachten und hatten einen tollen Blick auf die Berge, die sich in dem glasklaren Wasser gespiegelt haben.




















Auf dem Rückweg zum Hotel sind wir in einem kleinen Ort vorbei gekommen names Toconao.


Es gab zwei Lamas die man füttern konnte (ein Junge wurde
sogar angespuckt)


Genau an diesem Tag gab es einen kirchlichen Umzug
in dem kleinen Dorf








Am Nachmittag sind wir dann noch zu einer anderen Lagune gefahren, der Laguna Cejar, in der man auch baden konnte. Da es in der Wüste zwar tagsüber warm ist, auch im Winter, nachts aber sehr sehr kalt, war das Wasser der Lagune natürlich auch sehr kalt. Hinzu  kam, dass sie aus Salzwasser war, das heißt, man trieb beim Baden die ganze Zeit an der Wasseroberfläche. Obwohl es wirklich unglaublich kalt war und man nicht länger als 10 Minuten im Wasser bleiben konnte, war es schön. Zu den Duschen musste man danach 1 km zu Fuß laufen und leider gab es auch dort nur kaltes Wasser. Auf dem Weg trocknete das Wasser auf meiner Haut und zurück blieb eine weiße Salzkruste.











Da es unser letzter Abend in San Pedro war, hatten wir vor, etwas Besonderes zu machen. Am Abend kam eine Musikgruppe, die folklorische Musik gespielt hat und wir saßen alle gemütlich um ein Lagerfeuer herum. So ist es Tradition, wurde uns erklärt.
Hier ein Video zu folkloristischer Musik aus dem Norden Chiles mit Einflüssen aus Peru und Bolivien:


Am nächsten Morgen haben wir dann früh San Pedro de Atacama verlassen und sind wieder nach Süden gefahren. Wir haben fast den ganzen Tag im Bus verbracht und haben nur manchmal Halt gemacht.
Unterwegs haben wir dann an einem "Geisterdorf" angehalten, dass aus dem 18. Jahrhundert stammt. Dort wurde früher Salpeter gewonnen. Die Salpeterzeit in Chile war eine grausame Zeit, den Arbeitern und Familien ging es schlecht und die meisten waren sehr arm. Es sind sehr viele Kinder schon in jungen Jahren gestorben. 
Wir haben uns dort einen Friedhof aus dieser Zeit angeschaut. Ich persönlich fand ihn unglaublich traurig und hässlich. Es gibt keinerlei Blumen und auch sonst keine Farben dort. Der ganze Friedhof ist braun und trist. Klar, Blumen hätten ja keine Überlebenschance in der Wüste und Plastik- oder Papierblumen würden verbrennen. Gleich am Eingang stand ein Kindergrab, auf dem viele Spielsachen, Stofftiere und Puppen hingelegt wurden - meist von Autofahrern, die sich mit dieser kleinen Gabe Schutz für ihre Reise erhoffen. Die Stofftiere waren ausgeblichen von der Sonne und die Gesichter der Puppen waren von der Sonne verbrannt und schwarz. Es sah aus wie in einem Horrorfilm. Manche Gräber waren geöffnet, der Sarg lag manchmal leer und offen im Inneren da, manchmal konnte man auch noch die Gebeine sehen. Ein unheimlicher Ort. Ich war froh, als wir weiterfuhren.





Am Nachmittag haben wir dann noch mal Halt an der berühmten Hand der Atacamawüste gemacht. Das Kunstwerk wurde gebaut, um zu verdeutlichen, dass der Mensch aus der Erde geboren wird. In Natales wurde auch so eine Hand nachgebaut, allerdings viel kleiner.




High five


Caldera/Bahia Inglesa
Am Abend kamen wir dann in Caldera an, einer kleinen Stadt. Gewohnt haben wir jedoch in Bahia Inglesa, das genau nebenan liegt. Bahia Inglesa hat einen schönen Strand, ein paar Restaurants, Hotels und Wohnhäuser. Es gibt allerdings keine Geschäfte dort, so dass man immer nach Caldera zum Einkaufen fahren muss. 
Am nächsten Morgen sind wir alle zum Strand gegangen und haben Muscheln gesammelt und sind mit den Füßen ins Wasser gegangen. Um ganz zu baden fand ich es einfach viel zu kalt. 

Von dort aus haben wir dann den Rückweg nach La Serena/Coquimbo angetreten.














mit einem Moai. Diese großen Steinfiguren
stehen eigentlich auf der Osterinsel, die auch
zu Chile gehört


Rückweg nach La Serena/Coquimbo
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück sind wir nach Coquimbo gefahren und haben eine Katamarantour gemacht. Der Himmel war leider bewölkt, doch wenigstens regnete es nicht. Unser Ziel war die Isla de Lobos (Löweninsel), eine Steininsel im Pazifik vor der Küste Coquimbos, auf der Seelöwen, Pinguine und Möwen leben. 
Kaum hatten wir den ruhigen Hafen verlassen, fing das Boot heftig an zu schaukeln und mit den Wellen sich auf und ab zu bewegen. Es lag ein widerlicher Gestank nach Fisch und Algen in der Luft. Doch der Ausblick entschädigte alles. Uns wurde gesagt, dass manchmal sogar Delfine vom Boot aus zu sehen sind, so dass wir die ganze Zeit gebannt  auf den endlos scheinenden Ozean blickten. Leider haben wir nicht einen Delfin gesehen. Dafür aber viele andere Tiere, wie Möwen, Seelöwen und verschiedenste Vögel.





























Wieder an Land hatten wir noch ein paar Minuten, um den Fisch- und Souvenirmarkt zu besuchen. Das  Highlight waren aber die wilden Seehunde, die dort immer am Steinufer auf Fischreste warten. Der "Chef-Seelöwe" kam sogar die Steine hochgeklettert und setzte sich hinter die Metallabsperrung. 



Ich hatte einen Seelöwen noch nie so aus der Nähe gesehen und ich  muss sagen, Angst hatte ich schon. Bei dem Maul, den großen Zähnen, seinem dicken und maßigen Körper bekam ich eine Gänsehaut - und uns trennte nur ein dünner Metallzaun!
Schließlich kam ein Fischer mit einem Eimer voll Fischreste vorbei. Der Fischer erzählte uns, dass Willi, so hieß der Seelöwe, seit über 20 Jahren hier herkam und dass er ihn seit dem ersten Tag an fütterte. Der Mann behauptete sogar, Willi würde Küsschen beim Füttern geben. Das hielten wir alle für einen schlechten Scherz. Wer war denn so verrückt und würde seinen Kopf in die Nähe des wilden und unberechenbaren Tieres halten? Wenn Willi zubiss - das könnte tödlich enden!
Der Mann nahm also einen Fisch aus seinem Eimer und beugte sich mit dem Oberkörper über die Absperrung. Willi reckte seinen Kopf nach oben und kam so dem Fischer immer näher. Ich hatte den Atem angehalten und konnte fast nicht glauben, als der große, bullige und maßige Seelöwe dem Fischer wirklich und wahrhaftig ein Küsschen auf die Nase gab. Danach bekam er seinen Fisch. 
Der Mann erzählte uns, dass Willi treuer war als irgendein Freund, den er je gehabt hätte. Er meinte, er würde Willi alles erzählen, seine Probleme und Sorgen und seine schönsten Momente. Wenn er sich einsam fühlte, kam er zu Willi und der Fischer war fest überzeugt, dass Willi ihn verstehen konnte.


Ich hatte nur ein ganz klein bisschen Angst. Minimal!!! ;-)


Auch im Wasser tümmelten sich viele Seelöwen






Der dicke laute (!) Willi




und das ist der Mann, der sich Küsschen mit Willi gibt


auch einen Pelikan, der sich hinter den Zaun 
verirrt hatte, hat der Mann an Schnabel und
Flügel gepackt und wieder ins Wasser gesetzt






Dieses Erlebnis hat mich sehr beeindruckt. Es zeigte mir doch , dass auch wilde Tiere sehr zuneigungsvoll sein können, wenn man sich mit Geduld, Liebe und Vorsicht ihnen nähert. Und ich fand den Fischer ganz schön mutig. Er verdiente bestimmt nicht viel in seinem Beruf, das war eindeutig und vielleicht war er auch krank, so gebeugt und humpelig wie er ging. Doch er hatte einen ganz treuen und besonderen Freund und mit ihm eine Geschichte zu erzählen, die, glaube ich,  jedem ans Herz gehen würde.

Vincuna
Den Nachmittag haben wir dann in Vicuna verbracht, einer kleinen Stadt, in den Weinbergen gelegen. Dort wo der Pisco, ein Traubenschnaps und u.a. auch chilenisches Nationalgetränk, hergestellt wird. In Vincuna wurde auch Gabriela Mistral geboren, die erste Nobelpreisträgerin Südamerikas und Namensgeberin meiner Schule in Natales. 
In Vincuna haben wir uns erst mal das Spiel Chile gegen Spanien angesehen und als Chile schließlich gewonnen hatte, war auf den Straßen die Hölle los. Autos fuhren hupend durch die Straßen, alle Chilenen stürmten singend, lachend und vor Freude brüllend mit der Nationalfahne auf die Straße und wir Austauschschüler natürlich gleich mit. Es war ein tolles Erlebnis. 
Danach sind wir dann in das Gabriela Mistral Museum gegangen. Gabriela Mistral war Dichterin und Schriftstellerin, kam aus sehr armen Verhältnissen und hat mit 15 Jahren bereits als Lehrerin gearbeitet. Sie war eine sehr strenge Frau und wusste immer sehr genau, was sie wollte. Sie hat sich stark für die Frauenrechte eingesetzt und ist fast durch die ganze Welt gereist. Später wurde ihr der Nobelpreis in Literatur verliehen, als erster Mensch - noch dazu als erste Frau! - Südamrikas! 
Danach sind wir dann in eine Fabrik gefahren, in der der Pisco, der berühmte chilenische Traubenschnaps hergestellt wird. Probieren durften wir natürlich nicht, aber interessant war es schon zu sehen, wie aus den Trauben hochprozentiger Schnaps wird. 
Am Abend gab es dann das Highlight: Der Besuch der Sternwarte Mamalluca!
Die Sternwarte ist riesig und ist wichtiger Forschungsplatz in der Wissenschaft der Astronomie. Es gibt mehrere Sternwarten in der Atacamawüste Chiles. Der Hauptgrund ist, dass es fast das ganze Jahr nicht regnet, der Sternenhimmel meistens klar ist und es nicht viele Lichter von der Stadt gibt, die reflektierren können. 
Ich habe noch nie so viele Sterne am Himmel auf einmal gesehen! Wir hatten eine tolle Führung, uns wurde der Himmel erklärt, die verschiedenen Sternbilder, Sterne und Planeten. Durch ein Teleskop konnten wir Mars und Saturn sehen und uns verschiedene Sterne anschauen. 
Ich habe sehr viel erfahren über unser Sonnensystem und war tief beeindruckt nach dem Besuch. Die Sternwarte war auf jeden Fall ein ganz besonders großes Highlight auf unserer Reise gewesen.
Leider war es strengsten verboten Fotos zu machen, deshalb kann ich hier keine Fotos einstellen.

Unser letzter Abend hatte begonnen und wir fuhren wieder ins Hotel nach La Serena zurück.

Unser Hotel in La Serena - nun mit Strom und warmen
Wasser



In der Nacht sind wir noch an den Strand gegangen, der menschenleer und unendlich lang erschien. Man hatte einen tollen Blick auf das Ufer gegenüber, die Stadt Coquimbo. Alles wirkte so friedlich und ruhig, nur das gleichmäßige Wellenrauschen war zu hören. Barfuß sind wir dann am Strand spazieren gegangen, wobei uns einige Straßenhunde die ganze Zeit begleitet haben. Es fühlte sich an, als hätten wir tierische Leibwächter gehabt, die uns so treu waren und die uns immer mit etwas Abstand gefolgt oder vorgelaufen sind. Gefährlich sind die Straßenhunde nicht, sie beißen nicht und springen einen auch nicht an. Anfassen sollte man sie trotzdem nicht, denn mit größter Wahrscheinlichkeit sind alle Hunde krank. Mir tun sie sehr leid. Das einzige, was die Hunde bei den Menschen suchen ist Zuneigung und Aufmerksamkeit. Ich habe Hunde nie wirklich sehr gemocht, sie haben mir immer Angst gemacht, doch in Chile habe ich sogar ein wenig Herz für sie entwickelt.
Wehmütig und traurig waren wir glaube ich alle. Die Zeit war so schnell vergangen, doch im Rückblick hatten wir auch wahnsinnig viel gesehen. Für die meisten, wie für mich auch, ging es in 11 Tagen schon nach Hause, ins Heimatland. Jeder hatte auf dieser Fahrt neue Freunde gefunden und es machte mich traurig, wenn ich daran dachte, dass ich die meisten wahrscheinlich nie mehr wieder sehen werde. 
Wir erinnerten uns an die schönsten, lustigsten und peinlichsten Momente der Reise, an die erste Nacht ohne Strom und warmes Wasser, an das Fahrradfahren durch die Wüste und durch den Fluss, ans Sandboarding und an den Sand, der einem danach am ganzen Körper klebte, an die vielen vielen Kilometer die wir schlafend, quatschend, spielend und lachend im Bus verbracht hatten... 

Am nächsten Morgen sind wir schon sehr früh losgefahren und kamen nach sechs Stunden in Santiago an. Dort am Busbahnhof mussten wir uns alle voneinander verabschieden, was wirklich komisch war, weil es in den meisten Fällen ein Abschied für immer war. Aber auch das gehört zur Austauscherfahrung. Es ist merkwürdig, sich von einem Menschen zu verabschieden, von dem du weißt, ihn wahrscheinlich nie mehr wiederzusehen und der auf der anderen Seite der Welt zu Hause ist. 
Fast alle konnten mit dem Bus in ihre Städte fahren, nur ein Junge aus den USA und ich mussten fliegen, wobei ich von allen Wüstentour-Teilnehmern mit Abstand den weitesten Weg hatte. 

Als ich schließlich alleine im Flugzeug nach Punta Arenas saß, konnte ich nicht länger anhalten und musste einfach weinen. Dieses ganze Gefühls- und Gedanken-Wirrwarr in mir drin war so groß. In zwei Wochen würde ich wieder in meinen eigenen vier Wänden sein, in Deutschland. Dann wird mein Auslandsjahr vorbei sein. Ein Jahr! Einfach vorbei... Ich erschrak, wie schnell die Zeit doch vergangen war und konnte es fast gar nicht glauben, als mir wirklich bewusst wurde, dass ich seit 11 Monaten meine Familie nicht mehr real gesehen, umarmt oder gespürt habe. Das machte mich traurig. Und dann dachte ich daran, dass ich vielleicht nie mehr nach Chile zurückkehren würde. Es ist einfach so weit weg von Deutschland. Vielleicht würde ich auch meine Freunde und meine Gastfamilie, die mir in dem Jahr so ans Herz gewachsen waren, nie mehr wiedersehen. Ich hatte so gegensätzliche Gefühle: Freude und Trauer, Verzweiflung und Hoffnung, alles gleichzeitig und es tat gut, sie einfach mal rauszulassen...
Als ich in Punta Arenas landete, war ich dann wieder ganz ruhig und fühlte mich stark genug, meine letzten Tage zu genießen und den Abschied gut hinter mich bringen zu können...